Medien an den Rändern
Diskussionsbeiträge und Handlungsempfehlungen zu umstrittenen Medien
‚Medien an den Rändern‘ thematisiert nicht nur (politische) Literatur am rechten Rand, sondern greift generell Medien auf, die umstritten hinsichtlich ihrer Erwerbung sein können, da sie aufgrund von Thema, Form, Autor*in oder geäußerter Position kontrovers sind. Das bedeutet, dass sie „starke Gefühle hervorrufen und zu widersprüchlichen Meinungen in den Gemeinschaften und in der Gesellschaft führen“ (Europarat 2015, 8) können. Was kontrovers ist, hängt von individuellen Faktoren sowie dem soziokulturellen Hintergrund ab. Orts- und Zeitbezug spielen dabei eine wichtige Rolle.
Der konkrete Umgang mit ‚Medien an den Rändern‘ bereitet immer wieder Probleme bei Beständen von (Öffentlichen) Bibliotheken. Eine Darlegung und auch eine Ausweitung der diesbezüglichen Fachdebatte sowie eine Einordnung von Titeln, ggf. aber auch von Autor:innen und Verlagen sollen daher als Hilfestellung bei dieser Thematik dienen.
Bibliotheken stehen bei ihren Erwerbungsentscheidungen im Spannungsfeld zwischen der grundsätzlichen bibliothekarischen Berufsethik mit dem Gebot der Meinungs- und Informationsfreiheit und der Aufgabe, geprüfte Informationen und weltanschaulich vertretbare Inhalte in ihrem Medienbestand für die Bevölkerung anzubieten. Die Angebote der Bibliotheken stehen für Pluralismus und Weltoffenheit, sie spiegeln aber auch den (nachgefragten) Medienmarkt mit qualitativ unterschiedlichen Produkten wider. Die praktische Auseinandersetzung mit einzelnen Medien bzw. mit Reaktionen auf diese gestaltet sich in den Bibliotheken vor Ort oft schwierig.
Die Mitwirkenden dieser Arbeitsgruppe hoffen, den Kolleg:innen die vielfach gewünschte Orientierung geben zu können und zu einer fundierten Urteilsbildung bei umstrittenen Werken beizutragen.
Die Urteilsbildung und damit die Erwerbungsentscheidung letztendlich bleibt aber jeder Kolleg:in und jeder Bibliothek selbst überlassen.
Ziele
Seit langem wird an den BIB aber auch an die Lektoratskooperation herangetragen, das Thema ‚Literatur an den Rändern‘ aufzugreifen, zu diskutieren und argumentative Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dahinter steht der Wunsch nach fachlich fundierten Informationen zu den Inhalten unterschiedlicher Medien mit dem Ziel argumentativ auf Nachfragen vorbereitet zu sein. Viele Kolleg*innen sind interessiert daran, umstrittene Themen, Titel, Verlage und Autor*innen besser einordnen zu können und sich somit sowohl in Debatten vor Ort aber auch bei Kaufentscheidungen gezielt positionieren zu können.
Die Lektoratskooperation hat das Thema bereits auf verschiedenen Fachtagungen aufgegriffen, die Arbeitsgruppe und die Website ‚Medien an den Rändern‘ sind das Ergebnis diverser Bestrebungen in den letzten Jahren. Unter möglichst breiter Beteiligung geht es darum, einfach zugänglich interessierte Kolleg:innen zu unterstützen. Ohne den Bibliotheken eine eigene (Erwerbungs-)Entscheidung abnehmen zu wollen bzw. zu können, geht es hier also um das Wissen zu und über Medien und Argumente für die jeweils eigene Position.
Die Arbeitsgruppe lebt vom offenen Austausch.
Arbeitsgruppe des BIB ‚Medien an den Rändern‘
Die Arbeitsgruppe ist ein Kreis aus engagierten Kolleg*innen, die das Thema “Medien an den Rändern” strukturiert angehen möchten, um offenen Fragen und Unsicherheiten aus dem Berufsalltag fachlich zu begegnen. Sie greifen Diskussionen auf, tragen Informationen zusammen und geben Hinweise, wie man mit entsprechenden Medien in den Bibliotheken vor Ort umgehen kann. Ziel bleibt es, Themen, Autor:innen, Titel und Verlage zu problematisieren, den Bibliotheken gleichwohl die Kauf- bzw. Kontextualisierungsentscheidung zu überlassen.
Unterstützt werden die Mitglieder der Arbeitsgruppe von der Lektoratskooperation und den dort vertretenen Akteuren, namentlich BIB und ekz. Zudem werden bestehende Netzwerke wie die Steuerungsgruppe der Lektoratskooperation, die Rezensent:innen und Lektor:innen aber auch die dbv- Kommission Erwerbung und Bestandsentwicklung.
SILKE BECKER, Dipl.-Bibl. an der FU Berlin, M.A. (LIS) an der HU Berlin. 1992-1993 Maison Heinrich Heine Paris, 1994-2015 Deutsches Literaturarchiv Marbach (Handschriftensammlung), 2015-2020 Brockhaus Commission (u.a. Leitung der Abteilung German Books), Landesbibliothek Oldenburg. Seit 2021 Leitung des Bereichs Medien (Lektorat, Medienerwerbung und -einarbeitung) in der Stadtbibliothek Bremen.
Prof. Dr. TOM BECKER hat die Gruppe mitinitiiert. Bis 2021 hatte er eine Professur für Medienmanagement und Medienvermittlung an der TH Köln und war im BIB-Bundesvorstand (dort aktuell noch als demokratiepolitischer Sprecher aktiv), vorher hat er in München und Mannheim in diversen Funktionen in Öffentlichen Bibliotheken gearbeitet. Aktuell ist er im Hauptberuf Direktor der Stadtbibliothek Hannover und übt u.a. diverse Lehraufträge, auch zum Thema Bestandsmanagement, aus.
GABRIELE BOSCH, studierte 1985-1992 Philosophie, Geschichte und Politikwissenschaft in Gießen, 1998 Promotion in Philosophie, 1997-2007 Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz, 2004-2006 Fernstudium Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, seit 2008 Leiterin der Bibliothek des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam.
SUSANNE BRANDT, geb. 1964 in Hamburg, studierte Bibliothekswesen und Kulturwissenschaften, Zusatzqualifikationen u.a. für Nachhaltigkeitsmanagement, Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), interkulturelle Praxis und Integration. Nach Aufgaben in niedersächsischen Bibliotheken seit 2011 in Schleswig-Holstein tätig, aktuell in Teilzeit für den Landesverband Bibliotheken SH vor allem im Bereich Netzwerk- und Gemeinwesenarbeit, Projekte und BNE, daneben freiberuflich engagiert als Referentin in der Weiterbildung und Autorin zahlreicher Fachveröffentlichungen.
ANNETTE FICHTNER, Dipl. Bibliothekarin (HAW Hamburg), Dipl. Kffr. (Fernuniversität Hagen), arbeitet seit 2002 in verschiedenen Positionen bei der Stadtbibliothek Hannover. Seit 2015 verantwortlich für die Planung und Koordinierung von Bestandsaufbau, -management und –pflege.
BENEDIKT KRÜGER studierte Geschichte, Theologie und Philosophie in Bamberg, Dresden und Jerusalem. Nach der Promotion entschied er sich gegen das Lehramts- und für das Bibliotheksreferendariat, das er von 2017 bis 2019 in Hannover und in München absolvierte. Im Anschluss daran arbeitete er im Forschungsreferat der Europa Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) und im Editorial Department beim De Gruyter Verlag (Berlin). Seit 2025 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek (Hannover) angestellt.
CHRISTIAN MESKÓ machte ein politikwissenschaftliches Diplom (Abschluss 2011) an der Freien Universität Berlin und einen Bachelor-Abschluss in Bibliotheks- und Informationswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (Abschluss 2020). Er veröffentlichte einige literarische und politikwissenschaftliche Texte und arbeitet zur Zeit als leitender Community-Manager und Koordination für das Ehrenamt in der Bezirkszentralbibliothek Tempelhof-Schöneberg in Berlin.
HELMUT OBST studierte Bibliothekswesen an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Seit 2003 leitet er die Bibliothek der Stiftung Pfennigparade in München. Berufsbegleitend absolvierte er eine Weiterbildung zum Kulturmanager sowie das Masterstudium Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.
TOBIAS WEIß studierte Information und Dokumentation an der Fachhochschule Potsdam. Nach verschiedenen Positionen im Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins, leitet er seit 2020 die Janusz-Korczak-Bibliothek in Berlin-Pankow.
Anregungen gerne an MadR@bib-info.de.