IFLA-Konferenz 2013 - Berichte von Susanne Riedel

Stand: 29.08.2013

Bericht 1: Die Ankunft

Nach 23 Stunden Reise und 6 Stunden Zeitverschiebung steigt man etwas mitgenommen aus dem Flugzeug und wird mit der ersten Herausforderung im fremden Land konfrontiert: eine schwüle Hitze, 31 Grad und gefühlte Luftfeuchtigkeit von 90%. Trotz des bisher auch heißen und zum Teil schwülen deutschen Sommers etwas gewöhnungsbedürftig.

Beim Anflug auf Singapur sieht man bereits das recht kleine Fleckchen Erde im Meer mit viel Grünf, Wolkenkratzern, umliegenden Inselchen und Hafenanlagen mit großen Schiffen. Die ersten Eindrücke der Stadt bestätigen bereits die Informationen aus dem Reiseführer: Singapur ist eine multikulturelle Großstadt mit traditionellen Vierteln verschiedener Ethnien und einem Business District, wo sich ausgefallene, stylishe Hochhauskonstruktionen aneinanderreihen. Überall Restaurants mit Köstlichkeiten aus aller Welt und riesige klimatisierte Shoppingmalls, alles umgeben von tropischen Gartenanlagen und bevölkert von freundlichen und relaxten Menschen.

Ich bin gespannt auf die nächsten Tage!

Am Samstagabend, 17. August, fand der deutschsprachige Caucus statt.

Dies ist traditionell der erste Termin, an dem sich die IFLA-Teilnehmer der entsprechenden Sprachgruppe vor Ort treffen. Hierzu lädt das deutsche IFLA-Nationalkomitee ein, um die Teilnehmer bei der Konferenz zu begrüßen, ihnen Raum zum Austausch zu geben und Informationen aus dem IFLA-Vorstand weiterzugeben.

Barbara Lison, Vorsitzende des deutschen IFLA-Nationalkomitees und Mitglied des IFLA-Vorstands berichtete, dass bisher 3.500 Teilnehmer, davon 89 aus dem deutschen Sprachraum, für die Konferenz angemeldet sind und die sehr große Zahl von 1.000 (!) singapurianischen Kolleginnen und Kollegen! (Warum es so viele sind und ob es überhaupt viele sind im Verhältnis zur Menge der Bibliotheken hier, lässt sich vielleicht noch herausfinden. Jedenfalls stellt sich Singapur als ein Land dar, das seine Bibliotheken unterstützt, fördert, wertschätzt und liebt. Wie sich diese Bibliotheksaffinität der Bevölkerung und der Regierung ausdrückt, wird zu erkunden sein.)

Eine weiterere wichtige Info aus dem Vorstand war die Ankündigung des "IFLATrend Reports", der über die vergangenen 12 Monate hinweg von einer Gruppe nicht-bibliothekarischer Experten erarbeitet worden ist. Darin werden gesellschaftliche und technologische Entwicklungen und Herausforderungen identifiziert, die im digitalen Umfeld Auswirkungen auf Bibliotheken haben werden (eine Vorschau unter http://www.ifla.org/node/7944). Morgen (Montag) wird der Trend Report vorgestellt. Wir warten gespannt ...

Eröffnungsveranstaltung am Sonntag, den 18.08.2013

Der erste eigentliche Kongresstag beginnt mit der Eröffnungsveranstaltung, bei der neben Keynotes und Grußworten auch immer landestypische Show- und Musikeinlagen geboten werden. Dieses Mal wurde die Multikulturalität des asiatischen Landes unterstrichen durch den bei Festivitäten aller Art üblichen Auftritt eines Drachens und der Darbietung eines Löwentanzes. Der Drachen war toll bunt beleuchtet und im dunklen Saal ein besonders beeindruckendes Erlebnis. Die vier Löwentänzer ließen am Schluss die roten Stoffbahnen herunterrollen mit dem Willkommensgruß in den vier Landessprachen englisch, mandarin, tamilisch und malaiisch. Beide sollen der Veranstaltung Glück bringen und in unserem Fall einen positiven, nachhaltigen Effekt haben.

Ich weiß, dass gute Keynotes schwer zu finden sind, deshalb ist es auch nicht als Kritik gemeint, dass ich sie nett, aber nicht mitreißend oder zum Nachdenken anregend fand. In der Eröffnungsrede der scheidenden IFLA-Präsidentin Ingrid Parent (hier ein Beitrag in IFLA Express zu ihrer Rede) gefiel mir ein Satz besonders, weil er sich auf englisch so schön reimt und ich das damit beschriebene Gefühl aus eigener Erfahrung kenne - nämlich, dass man sicher "tired but inspired" am Ende der Konferenz nach Hause fahren wird.

e-books in öffentlichen Bibliotheken - ein heißes Thema (19.08.2013)

Als wB-Frau war mir bisher nicht verständlich gewesen, wo das Problem bei E-Books in öffentlichen Bibliotheken liegt. Deshalb war die Veranstaltung "Exploring an e-book future (e-book lending models, copyright and other issues) am Montag für mich als Neuling im Thema sehr erhellend! Organisiert als erstens ganztägige Session und dann noch von vier IFLA-Gremien organisiert - das zeigt die Brisanz und Aktualität des Themas. Entsprechend groß war auch das Interesse unter den Kongresteilnehmern.

Am Vormittag gab es unter dem Titel "Framing the challenge: transformation of the media market (libraries and publishers) einführende Statements von Gerald Leitner (MLAS), Dan Mount (Civic Agenda) und Chi Ys, Verteter der International Publishers Association, die den Themenkomplex aus der Perspektive der Leser, der Bibliotheken und der Verlage absteckten. Es folgten interessante Berichte aus allen Kontinenten, die ihre sehr unterschiedlichen Situationen in öffentlichen Bibliotheken darstellten. Den Überblick über die Verhältnisse in Europa gab Klaus-Peter Böttger, Präsident von EBLIDA.

Überall gab es jedoch gleiche oder ähnliche Probleme mit der vielfältigen technischen Infrastruktur und den rechtlichen Bedingungen, die derzeit weit davon entfernt sind, den Lesern einfachen, umfassenden, sicheren und dauerhaften Zugang zu e-books zu gewährleisten. Aber jetzt wird es erst spannend: nachdem die Ausgangssituationen beschrieben und geklärt sind, müssen jetzt bald Nägel mit Köpfen her - soll es der Markt oder der Gesetzgeber regeln?

EBLIDA hat eine Kampagne ins Leben gerufen, die das komplexe Problem der e-Book-Verfügbarkeit für öffentliche Bibliotheken auf europäischer Ebene angeht. Der erste Schritt ist, die Bibliothekare auf das tiefgreifende Problem und vor allem seine möglichen Folgen für die europäischen öBs zu sensibilisieren. Ziel ist "legal certainty for library e-book services in all European countries". Wir werden weiter darüber berichten.

Die Player im Spiel um die Zukunft des gedruckten (wieder mal) und des elektronischen Buches sind im Ring ...

Mir wurde versichert, dass die Präsentationen zeitnah ins Netz gestellt werden sollen. Diese werden pro Tag zusammengefasst, Sie müssen daher auf dieser Seite recht weit unten nach der Veranstaltung schauen.

Mein Poster und ich (19./20.08.2013)

Einer der Gründe für meinen IFLA-Aufenthalt ist meine neue Aufgabe als BII-Sprecherin. Ich wollte die Programme, die Bibliothek & Information International für ausländische Kollegen macht, direkt hier auf der internationalen Plattform bewerben. Dazu habe ich ein Poster erstellt, das ich bei den Postersessions am Montag und Dienstag vorgestellt habe.

Die Postersessions sind immer sehr gut besucht, so auch dieses Mal. Manche schlendern einfach so durch die Reihen, manche hatten sich konkrete Poster aus der Liste ausgewählt und kamen zielgerichtet. So hatte ich "Besuch" aus den verschiedensten Ländern - total spannend! Längst nicht alle wollen nach Deutschland kommen, sondern sie ließen sich erzählen, was BII ist und was wir machen ... offenbar gibt es diese Möglichkeit der Reisestipendien kaum woanders. Sehr nett war, dass eine Kollegin aus Kroatien kam, um sich für eine Förderung persönlich zu bedanken. Sie erzählte begeistert, dass der Aufenthalt in Deutschland ihr eine Menge für ihren Job gebracht hat - so soll es sein! Vorsichtshalber hatte ich eine Deutschlandkarte mitgebracht, um zu zeigen, welche Städte wo liegen - das war gut, so konnte ich auch gleich Geographie-Nachhilfe geben :-) Ich bin gespannt, welche persönlichen Kontakte bleiben ... vielleicht die mit der Kollegin von der National Library der Malediven ...

Der Austragungsort der übernächsten IFLA-Tagung

Der spannendste Programmpunkt der Abschlussveranstaltung des IFLA-Kongresses ist wie immer die Bekanntgabe des Austragungsortes der übernächsten Konferenz: 2015 trifft sich die IFLA-Familie in Kapstadt (Südafrika)!

IFLA Public Talks - eine Idee auch für die Bibliothekartage? (29.08.13)

In der Woche vor Beginn der IFLA-Konferenz hat das National Library Board Singapurs (NLB) sog. "IFLA Public Talks" organsiert. Das waren Vorträge zu bibliothekarischen Themen, die sich an die allgemeine singapurische Öffentlichkeit wendeten und auch einiges Interesse gestoßen sind, z.B. Leseförderung für Jungen auf Eltern und Lehrer zugeschnitten oder ein Vortrag über die moderne Bibliotheca Alexandrina. Mit dieser Idee verläuft die Konferenz nicht abgehoben und abgetrennt von der Stadt, in der sie stattfindet, sondern die Bürger wissen davon und können sogar teilhaben. Darüber hinaus interessant ist jedoch, dass dies ein weiterer Kanal ist, über den Bibliothek, was sie ist und was sie macht, in die Köpfe der Menschen zu bringen ist. Erreichen wir damit nicht ggf. mehr als mit einer Agenturmeldung in der lokalen Presse? Ich fände es einen Versuch wert, solche öffentlichen Vorträge auch in Deutschland im Vorfeld unserer Jahrestagungen anzubieten!