Stellungnahme des BIB zur OECD-Studie "PISA 2000"

Lesen ist eine universelle Kulturtechnik und ermöglicht die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben einer modernen Gesellschaft, insbesondere dann wenn diese Gesellschaft, wie in der Bundesrepublik Deutschland propagiert, sich zu einer Informations- und Wissensgesellschaft wandeln soll. Um so bedauernswerter ist es, dass die OECD-Studie "PISA 2000 - Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im Vergleich" deutschen Kindern insbesondere im Bereich der Lesekompetenz (s. dort S. 69-137) schlechte Noten attestiert. Sind die deutschen Ergebnisse im oberen Leistungsbereich mit denen der anderen OECD-Staaten vergleichbar, allerdings auch nicht überdurchschnittlich, so wurden im unteren Leistungsbereich vergleichsweise niedrige Ergebnisse erzielt.

Nicht in der Studie thematisiert, aber für den bibliothekarischen Verband signifikant erkennbar ist die Tatsache, dass sich vor Deutschland im allgemeinen Länder positionieren, die über ein gut ausgestattetes Bibliothekswesen verfügen. Uns ist wohl bewusst, dass Bibliotheken im Lernumfeld von Schule und Elternhaus ein Modul sind, aber nach unserer Auffassung ein sehr wesentliches. Denn gut ausgestattete Bibliotheken stehen für Bildung, Information und die Vermittlung von Lese- und Medienkompetenz. Öffentliche Bibliotheken stehen als demokratisches Instrument für den freien Zugang zu Medien und Information.

Berücksichtigen Sie in den Konsequenzen, die Sie aus den Ergebnissen der Studie hoffentlich ziehen wollen, die Rolle der Bibliotheken. Machen Sie Bibliotheken zu einem Bestandteil vorschulischer und schulischer Bildung. Nutzen Sie die Erfahrungen, die Bibliotheken im Bereich der Leseförderung und der Vermittlung von Medienkompetenz sich angeeignet haben. Fördern Sie die Bibliotheken mit nationalen Programmen als integrierten Bestandteil einer Strategie zur Verbesserung der Lesekompetenz.

Wie es in der Studie heißt (S. 134), sind soziale Netzwerke und Institutionen gefragt, um Lesekompetenz zu fördern. Die Bibliothek muss als Einrichtung Teil dieses Netzwerkes werden. Der freie, ungehinderte, zwangfreie, lustvolle Zugang zur Welt des Lesens und der Information durch die Bibliothek schafft positive Leseerfahrungen.

Frühe Leseförderung sollte dezidiert Gegenstand vorschulischer Programme sein, so die Studie. Hier bietet sich doch die Förderung systematischer Programme für die Kooperation von Öffentlichen Bibliotheken und Kindergärten an. Wenn die Studie zu dem Schluss kommt, dass Lesen mehr denn je erforderlich ist, um die notwendigen Grundlagenkompetenzen für eine selbstbestimmte, bedürfnisgerechte und Nutzung des gesamten Medienensembles zu schaffen, dann fördern Sie die Einrichtungen, die Lesen fördern: Öffentliche Bibliotheken. 

Klaus-Peter Böttger
Vorsitzender